Google lehnt "Lex Street View" ab

Der Suchmaschinenriese warnt vor "weitreichenden Implikationen eines derartigen Gesetzes", das die Entwicklung innovativer und nützlicher Dienste behindern werde. Unterdessen steigt der politische Druck auf Google.

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Von
  • dpa

Der Internet-Gigant Google lehnt ein spezielles Gesetz zur Regulierung seines Dienstes "Street View" ab. "Wir wären besorgt über die weitreichenden Implikationen eines derartigen Gesetzes, das nicht nur für Google, sondern für zahllose Unternehmen die Entwicklung grundlegend innovativer und für Konsumenten nützlicher Kartendienste massiv einschränken würde", sagte Google-Sprecherin Lena Wagner am Freitag. Unterdessen forderte EU-Justiz-Kommissarin Viviane Reding Google auf, den betroffenen Bürgern eine längere Widerspruchsfrist zu gewähren. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte ein Gesamtkonzept zur Regulierung des Internets an.

Die Google-Sprecherin verwies auf mögliche negative Folgen einer "Lex Street View": "Ein solches Gesetz könnte das Ende für zahlreiche bereits bestehende Produkte bedeuten, die von Millionen von Deutschen heute schon tagtäglich genutzt werden, wie beispielsweise Navigationsanwendungen und digitale Kartendienste." Street View sei ein rechtmäßiger Dienst – "nichtsdestotrotz wollten wir die Erwartungen der Datenschutzbeauftragten so gut wie möglich erfüllen und sind davon überzeugt, dass wir dies erreicht haben."

Der Bundesrat hatte am 9. Juli einen Gesetzentwurf zur Kontrolle von Diensten wie Street View in den Bundestag eingebracht. Demnach sollen Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich gemacht werden, bevor Daten ins Netz kommen. Abgebildete Menschen sollen ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht erhalten. Gleiches soll für Hausbesitzer und Mieter gelten, die gegen die Abbildung ihrer Wohnhäuser im Netz sind. Der Entwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes geht auf eine Initiative des Stadtstaates Hamburg zurück – dort hat Google seine Deutschlandzentrale. Google hat gegenüber dem zuständigen Datenschutzbeauftragten in Hamburg allerdings auch zuvor ohne gesetzliche Verpflichtung all diese Punkte zugesagt.

Das Bundesverbraucherschutzministerium wies darauf hin, die Bundesregierung sei gerade dabei zu prüfen, "ob und auf welche Weise die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden müssen". In der kommenden Woche werde in diesem Zusammenhang auch der Vorschlag des Bundesrates im Kabinett beraten. "Dabei geht es nicht um eine Einzelfallregelung für Google, sondern eine generelle Regelung zu Geodaten." Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte ein Gesamtkonzept zur Regulierung des Internets an. Viele Regelungen stammten noch aus einer Zeit, in der das Internet noch nicht weit verbreitet war", sagte Aigner der Zeitungsgruppe "Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung" (Samstag). "Wir prüfen, welche Regelungen wir verbessern müssen."

EU-Justiz-Kommissarin Viviane Reding forderte von Google die Einhaltung europäischer Datenschutzstandards ein. In einem Interview mit der Bild-Zeitung (Freitag) forderte Reding von Google, den Hausbesitzern eine mindestens sechswöchige Widerspruchsfrist einzuräumen. "Ich erwarte, dass Google sich an die europäischen Spielregeln im Datenschutz hält – überall in Europa", sagte Reding. "Jeder Bürger hat nach EU-Recht ein Widerspruchsrecht gegen Google Street View."

Der Internetkonzern will den deutschen Hausbesitzern bisher nur vier Wochen Zeit geben, um vor der Freischaltung des Dienstes Widerspruch gegen die Veröffentlichung von Fotos ihrer Häuser oder Wohnungen einzulegen. Allerdings können Betroffene auch danach ihre Interessen wahrnehmen und einer Veröffentlichung der Bilder widersprechen. (vbr)