Briefe an die Leser | September 2010


Movienet Filmverleih!

Von einem Filmplakat grüßt Du uns mit der Frage »Wer will schon normal sein?«. Sei ehrlich, damit möchtest Du uns doch nur Kopfschmerzen bereiten. Die Frage impliziert, daß niemand normal sein möchte. Wenn aber alle nicht normal sein wollen, ist Nichtnormalsein normal. Wer demnach nicht normal sein will, müßte eigentlich normal sein wollen. Wer aber normal ist, ist nicht normal.
Oder kurzgefaßt: So etwas ist doch nicht normal!
Verzweifelt grüßen: die lügenden Kreter von der

Titanic

Frauen!

Euer Schuhtick in allen Ehren, aber daß Ihr inzwischen derart preisbewußt seid, daß jede Dritte von Euch nach dem Kauf unter den neuen Sohlen das Preisschild kleben läßt, das zieht einem unvoreingenommenen Beobachter des Straßengeschehens doch glatt die Schuhe aus.
Meint auf die schnelle jedenfalls:

Titanic

Sie, Peter Heinrichs,

sind ein Kölner Tabakgroßhändler, schreiben schmockig »Cigarre« mit C, nennen sich »Enfant terrible der deutschen Tabakbranche« und haben sich ein Buch schreiben lassen; Titel: »Ich liebe mich«. Bis vor kurzem kannten wir Sie nicht, Peter Heinrichs; aber wir haben das Gefühl, daß der Name Ihrer Homepage – www.pfeife.de – ganz gut zu Ihnen paßt.
Zurück in die Versenkung!

Titanic

Weltweiser Alexander Kluge!

Mit der Zeit führten Sie vor kurzem ein Gespräch »über die Wonnen und Einsamkeiten im August« und gaben Auskunft auf quälende augustspezifische Fragen wie etwa: »Wie fühlt sich für Sie der August an?« Worauf Sie schnurstracks zu antworten wußten: »Der August ist eine Ebene, eine Fläche, man könnte auch sagen, er ist ein stillstehender Teich, der Monat, in dem jeglich Betriebsamkeit gesenkt, in dem eine Art allgemeine Schulpause eingelegt wird.« Mensch, Kluge! Sind das die feinziselierten Top-Erkenntnisse, für die Sie landauf, landab besungen und bejubelt werden? Welche semipoetischen Weisheiten aus Ihrem Munde dürfen wir denn noch erwarten? »Eine Bratwurst ist ein Apparat, der schmeckt und satt macht«? »Katzen sind schnurrende Planeten der Ruhe«? »Merkel ist eine Art Trapezoeder mit Hängelefzen«? Und: Wollen Sie das wirklich werden? Vom Adornoschüler, Fernsehretter und Marxverfilmer zum Kalenderspruchonkel und Sommerpausenfüller der Zeit?
Geben Sie doch ein bißchen auf sich acht, hm?
Meint’s nur gut:

Titanic

Verehrte Anne Will!

In heller Vorfreude auf Ihre Sendung zum »Fall Kachelmann« und in der Hoffnung, daß uns dabei geistig nicht allzuviel Gewalt angetan würde, hatten wir uns gerade entspannt zurückgelehnt, als uns Ihre schneidende Anmoderation zusammenzucken ließ wie ein schlechtplazierter Peitschenhieb: »Um es noch mal ganz klar zu sagen: Jörg Kachelmann ist weiterhin der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall und der gefährlichen Körperverletzung angeklagt, und die Frage, ob er schuldig oder unschuldig ist, wird der Prozess klären – nicht wir. Das haben wir auch heute abend gar nicht vor!«
Wie bitte? Haben Sie nicht? Das ist ja unerhört! Und wofür, Frau Will, zahlen wir dann eigentlich keine GEZ? Müssen wir warten, bis sich Richterin Salesch des Falls annimmt?
Will es jetzt wissen:

Titanic

Hi, Veye Tatah,

die Sie in Dortmund eine Zeitschrift gegründet haben, die zum Ziel hat, »Vorurteile und Klischees abzubauen und den Umgang mit Afrikanern im deutschen Alltag zu einer größeren Selbstverständlichkeit« zu machen und »einen Gegenpol zu der überwiegend negativen medialen Berichterstattung« bilden soll – so ein richtig guter Name ist »Africa Positive« aber nicht, oder?
Ansteckende Grüße:

Titanic

Sag mal, Weltgeist,

der Juli war ja streckenweise ganz schön heiß, aber daß der Panikforscher im Umfeld der Love Parade Professor Schreckenberg heißt, die Gutachterin im Fall Kachelmann Professor Greuel – langsam wird das selbst uns, die wir an lustigen Namen durchaus unsere Freude haben, ein bißchen zuviel.
Einfach mal abkühlen, rät

Titanic

Kai Diekmann, alter Löffel Rotz!

Um im traditionell lauen Sommer Ihre Bild mit Hammerschlagzeilen zu füllen, ließen Sie in loser Folge Ihre Reporter die ganz großen Fragen an Bundesminister stellen. Zum Beispiel »Warum wird an Autobahnbaustellen so wenig gearbeitet?« an Peter Ramsauer, »Herr Minister, ist die Polen-Grenze sicher?« an Thomas de Maizière und an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger folgende: »Frau Ministerin, warum lassen Sie diese Sex-Verbrecher frei herumlaufen?«
Uns stellt sich aber eher die Frage: Wieso dürfen diese eine Tageszeitung vollschreiben und herausgeben? Und da sind doch immer noch Sie der richtige Ansprechpartner. Also: Na? Na?
Wie immer grußlos:

Titanic

Liebe »Hamburger Morgenpost«!

»Dous hat ein bewegtes Leben hinter sich« – wenn ein Absatz bei Euch so beginnt, dann erwarten wir Leser doch wenigstens, daß die Person, von der die Rede ist, Ende der 60er Jahre im Auftrag der CIA Agenten für den Kampf gegen den Kommunismus ausgebildet hat, nach dem Ende des Kalten Krieges bei der NASA unterkam, zwischenzeitlich Genmais in Albanien anbauen ließ, heute ein Kumpel von Hugh Hefner ist und als milliardenschwerer Waffenhändler in Dubai die Puppen tanzen läßt.
Daß es aber auch anders geht, zeigst Du in Deiner Geschichte über Siggi Dous, seines Zeichens »Leiter Spielbetrieb« beim FC St. Pauli: »Dous hat ein bewegtes Leben hinter sich. Mit 16 wurde er jüngster Schiedsrichter im Kreis Steinburg. Später trainierte er die Sportfreunde Itzehoe und Timmendorfer Strand, war in Itzehoe Präsident des ISV und der Sportfreunde sowie Liga-Obmann in Timmendorf.«
Dafür vielen Dank, liebe Mopo! Jetzt kommen uns unsere eigenen langweiligen Lebensläufe (Abi, Zivildienst, abgebrochenes Studium) auch irgendwie aufregend und, tja, bewegt vor.
Schöne Grüße: Deine Online-Leser von der

Titanic

Und das, Filmindustrie,

haben wir nun davon, daß Du den Besatzungen von Bohrinseln, wie wir aus den nicht abstellbaren Informationstafeln vieler DVDs wissen, nicht erlaubst, Filme zu gucken, also auch nicht Pornofilme: Wenn es keine Möglichkeiten gibt, Druck gezielt und regelmäßig abzulassen, dann staut er sich auf und entlädt sich irgendwann geballt, und es wird, wie jetzt bei BP geschehen, im großen Stil Schlamm geschoben. Hast Du das gewollt?
Fragt das Beiboot »Deepthroat Horizon« der

Titanic

Peter Ramsauer (CSU)!

Im Hörfunk-Interview zum Scheitern der ICE-Klimaanlagen an der diesjährigen Sommerwärme versuchten Sie als zuständiger Verkehrsminister, weitere Eisenbahnmängel zu identifizieren: »Im Winter wurde die Bahn von der Kälte überrascht – also sozusagen das Umgekehrte.« Das Umgekehrte? Wie meinen? Der Winter als umgekehrter Sommer? Schwarz als umgekehrtes Weiß? Der Mann als umgekehrte Frau? Ramsauer, wer da in Ihrem Oberstübchen andauernd Preßspanplatten faltet, möchte zu gern wissen:

Titanic

Wir, Dr. Motte,

hatten Sie längst vergessen. Doch dann kam die Love Parade in Duisburg und machte die Veranstaltung, die Sie »heute als mein Kind« ansehen, wie Sie in der Zeit-Magazin-Rubrik »Ich habe einen Traum« verrieten, zum »Kind, das mißbraucht wurde«.
Dank dieses Mißbrauchs konnten wir Ihnen nicht mehr aus dem Weg gehen, Sie drängten sich von allen Seiten auf. Mit täglichen Kommentaren in Fernsehen, Funk und Presse, die die eigene angeblich so reibungslose Organisation der Parade hervorhoben. Mit immer neuen Beschimpfungen Rainer Schallers, der Ihnen damals beim Kauf der Markenrechte gesagt hatte, »daß die Love Parade weiterleben müsse«, was Sie jedoch »immer für Heuschreckengelaber« hielten. Zurück im Licht der Öffentlichkeit schämten Sie sich noch nicht einmal, an der Andachtsstelle für die Opfer theatralisch auf die Knie zu fallen und sich dann schmierenkomödiantisch der Länge nach auf den Boden zu werfen. Wieso diese Geste höchster Pein und Würdelosigkeit?
Vermutlich deshalb: Sie hatten als einziger geahnt, daß dieser Schaller ein Böser ist. Sie hatten das viele schöne Geld nur genommen, weil die anderen Sie zwangen: »Das Ziel der anderen Gesellschafter war wohl nur das Geld, mein Ziel – mein Traum – war immer die Selbsterkenntnis.« Und diese Selbsterkenntnis ist bei Ihnen doch schon recht weit gediehen: »Ich fühle mich schuldig, daß ich die ganze Sache nicht frühzeitig gestoppt habe, durch mein Veto beim Verkauf. Denn dann wäre es zu Ende gewesen, dann hätte es diese Katastrophe nicht gegeben.« Wer so viel Schuld auf sich geladen hat, kann sich nur in den Schmutz werfen.
Aber lassen Sie sich dort nicht tottrampeln, Motte! Wir brauchen Sie noch. Durch Ihr Engagement für das »Berliner Aktionsbündnis ›Megaspree‹« sei nämlich ein »neuer Traum entstanden, der Traum von einem Bürgerforum, das einmal jährlich ein großes Bürgerfest feiert«. Irre! Aber wenn dereinst der Verkauf dieses Festes ansteht, legen Sie bitte ein Veto ein. Sie wollen ja nicht noch mehr Menschen auf dem Gewissen haben.
Friede, Freude, Matschepampe:

Titanic

Ach, Ihr Amerikaner!

Nachdem nun die US-Behörde für Verkehrssicherheit festgestellt hat, daß die Toyota-Pannen mit den vielen Toten in den USA im wesentlichen auf eine Verwechslung von Gas- und Bremspedal zurückzuführen sind, und also der milliardenschwere Schaden für gewisse japanische Autobauer dank Eurer Unfähigkeit entstanden ist, fragen wir uns, welche anderen Katastrophen Ihr Euch letztlich selbst beigebracht habt. Polterte etwa der Sicherheitsbeamte am 11. September 2001 zu einem Passagier: »Mit diesem Kindermesser wollen Sie einen Teppich zuschneiden? Ey, nimm das hier! O Mann, Araber!«?
Naja, Windows-Fehlermeldungen könnt Ihr ja ganz gut.

Titanic

Fritz Fegebank!

Sie sind laut Zeit-Magazin Lehrer in Hamburg – aber nicht irgendeiner! Sondern vielmehr Pfleger jener guten alten Sekundärtugenden, für die sich auch das Milieu des Zeit-Magazins wieder erwärmen kann: »Die Hüftoperation hat er in die großen Ferien gelegt, ausnahmslos ist er im Anzug erschienen, und Klausuren hat er grundsätzlich in der nächsten Unterrichtsstunde zurückgegeben.« Doch nicht nur das! »Für die Bewertung von Klausuren entwirft er ein Übersichtsblatt, in das jeder Gedanke des Schülers, jedes Argument, jeder Aspekt der Arbeit eingetragen und für den Schüler als Kommentar festgehalten wird. Das dauert, manchmal bis zu drei Stunden pro Klausur.« Potzblitz, Fegebank! Dann korrigieren Sie fleißiges Bienchen, wenn Sie eine Klausur von heute auf morgen retournieren wollen, bei einer Klasse von 25 Schülern und geschätzten zwei Stunden Übersichtsblatterstellungszeit: schon mal laue fünfzig Stunden am Tag! Ein Wunder der Selbstdisziplin? Oder nicht doch Fehltritt eines Zeit-Magazins, das vor lauter Ergötzen an Pünktlichkeit und Kruppstahlhärte eines konservativen Aufschneiders (»er bewundert Friedrich den Großen«) schlicht das Rechnen verlernt hat? Ihre Antwort bitte auf einem extrem übersichtlichen Übersichtsblatt, adressiert an

Titanic

Lieber Jürgen Koppelin (FDP)!

In Ihrer Eigenschaft als haushaltspolitischer Sprecher Ihrer Partei befragte man Sie im Hörfunk dazu, daß es manchen Ministern nicht gefällt, künftig weniger Geld auszugeben. Da sagten Sie es mal ganz simpel: »Ich sag’s mal ganz simpel: Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen.« Warum eigentlich nicht, Koppelin? Würde das Spielen auf Schuldenbergen dem Spielen auf Giftmüllbergen jedenfalls vorziehen:

Titanic

Hallo Penny!

Wer betextet bei Dir eigentlich die Billigwurstpackungen mit vergangenheitsseligen Titeln wie »Gutsherrenpastete nach Art einer Kaiserjagdwurst«? Irgendwie treffend ist das ja schon, denn das Zeug sieht aus und schmeckt wie durchgedrehte Buffetreste vom Jahrestreffen des Bundes der Vertriebenen. Doch machen uns Deine Anselm-Kiefer-mäßigen Ausflüge durch die deutsche Wurstgeschichte Angst davor, was Dir als nächstes einfallen mag. Vielleicht »Ostelbischer Junkerpreßkopf nach Art einer Führersülze«?
Wir wollen unsere gute alte Blutwurst wiederhaben!

Titanic

Hey, Stephen Hawking!

Was dem Papst der Himmel und Osama bin Laden die siebzig Jungfrauen, das ist Ihnen – schließlich muß man ja an irgendwas glauben – der Weltraum. Den sollte der Mensch Ihnen zufolge nämlich innerhalb der kommenden 200 Jahre besiedeln: »Wenn wir die einzigen intelligenten Wesen der Galaxie sind, dann müssen wir unser Überleben sichern … Ich denke, daß die Zukunft der menschlichen Rasse langfristig im Weltraum liegt.« Aber warum? Weil es dort jetzt schon, so weit das Teleskop reicht, so aussieht wie auf der Erde in absehbarer Zeit?
Fragen Ihre Untergangsexperten auf der

Titanic

Lieber Lothar Matthäus!

Voller Anteilnahme haben wir das Scheitern Ihrer Ehe mit Liliana, dieser untreuen Tomate, verfolgt. Ernste Sorgen haben wir uns um Sie gemacht, als Sie der Bild am Tag nach den Foto-Enthüllungen gestanden, Sie wüßten nicht, ob Sie noch an die Liebe glauben könnten, bzw. in Ihren unnachahmlich poetischen Worten: »Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich diese Frage nicht beantworten.« Nun freuen wir uns, daß Sie keine zwei Wochen später über das Gröbste anscheinend hinweg sind und der guten alten Himmelsmacht wieder beste Chancen einräumen: »Ich warte auf die nächste große Liebe, die wird kommen, da bin ich sicher«, ließen Sie die Welt am Sonntag quietschvergnügt wissen. »Ich war viermal verheiratet und viermal topverliebt.«
Top! In dem WamS-Interview räumten Sie, wohl um Ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu steigern, auch mit dem häßlichen Vorurteil auf, Sie hätten keine liebenswerten Macken. Ganz im Gegenteil: »Ich habe so einen Linienfimmel. Auch im Kühlschrank, die Cola steht hintereinander, die Fanta, die Sprite. Im Schrank die Hemden: Schwarz angefangen, hört bei Weiß links auf, dann wird’s ein bißchen gestreift und kariert. Oder in Hotels stell’ ich erst die Möbel um, ich hab ja Innenarchitekt gelernt.«
Nochmals top! Wo immer Sie diesen entzückenden Linienfimmel auch herhaben mögen, Herr Matthäus, eines täte uns freilich interessieren: Wie stellen Sie die Hotelmöbel denn immer um? Die beiden Nachttische exakt 7,32 Meter auseinander? Die Stehlampe elf Meter davor? Gruppieren Sie die Sessel zum Anstoßkreis? Und die Betten markieren schließlich den Strafraum, in dem es spannend wird? Ehrlich? Dann steht einem weiteren tollen Match ja nichts mehr im Wege!
Aber denken Sie daran: Die nächste Ehe ist immer die schwerste.
Ihre Linienrichter von der

Titanic

Marc Engelhardt, Journalist!

Seine Leser für ferne afrikanische Länder zu interessieren ist schwierig, vor allem, wenn man dies für das konservative Herrenreitermagazin Cicero tut. Sie aber wissen, wie’s geht – nämlich so: »Beide stehen für den Aufbruch in ihrer Heimat. Der eine, schwarzbehaart und stämmig, wurde gerade auf den Namen ›Zoya‹ getauft. Der andere, schmächtig und mit militärisch kurzen Haaren, heißt Paul Kagame. Letzterer ist Ruandas Präsident. Zoya ist ein Berggorilla aus dem Westen des zentralafrikanischen Landes.« Eine schöne Parallele, die Sie da zwischen Affe und Neger gefunden haben. Wir, Engelhardt, haben auch eine Parallele für Sie. Passen Sie auf: Beides befindet sich an Ihrem Körper, das eine innen, das andere mehr außerhalb. Beides erzeugt von Zeit zu Zeit ein Produkt. Und obwohl sich die beiden Produkte zum Verwechseln ähnlich sind, verbergen Sie das eine vor der Welt, während Sie das andere öffentlich machen. Warum eigentlich?
Keine Grüße:

Titanic

Betreffs, Möbelhauskette Roller,

der von Dir in Radiowerbespots beworbenen »größten Lagerräumung aller Zeiten«: Wir dachten, daß die schon vor einer Weile die Sowjetarmee erledigt hätte, nachdem zuvor jemand anderes, der auf seinem Gebiet der Größte aller Zeiten war, eben diese Lager eingerichtet und gefüllt hatte. Aber in so großen Lagern, wie Du sie unterhältst, geht natürlich einiges durcheinander, nicht wahr?
Erst mal aufräumen, rät

Titanic

Interessant, Merkel,

fanden wir dann aber doch Ihren Kommentar zu den unschönen Begebenheiten bei der Duisburger Love Parade. Überraschend war dabei nicht so sehr Ihre Forderung nach »lückenloser Aufklärung der Umstände«, sondern eher deren Begründung. Besagte Aufklärung der Umstände solle nämlich stattfinden, »damit die Eltern in Zukunft wieder beruhigt sein können, wenn sie ihre Kinder zu solchen Veranstaltungen schicken«.
Schicken, Frau Merkel? Wie stellen Sie sich das vor? Etwa so: »Junge, denk dran, daß du noch zur Love Parade mußt! Und vergiß dein Ecstasy nicht wieder«? Oder so: »Nein, du darfst nicht den ganzen Tag Blockflöte üben – was glaubst du denn, wofür ich dir extra das knappe Bikini-Top gekauft habe?«
Schon gleich beruhigter:

Titanic

Karl-Heinz Rummenigge!

Die Schmutzaffäre um Ihren Angestellten Franck Ribéry und eine minderjährige Gewerbsmäßige versuchten Sie mit einer Ihrer gewohnt stilsicheren Platitüden zu parieren: »Ich glaube, das ist eine politisch motivierte Geschichte wegen des schlechten Abschneidens der französischen Nationalmannschaft bei der WM. Ribéry soll zum Sündenbock gemacht werden.«
Bock und Sünde, nun gut, aber dann noch Abschneiden? Ob Sie Ihren Schützling damit aus der, hüstel, Schußlinie nehmen?
Würde an Ribérys Stelle zum Betriebsrat gehen:

Titanic

Heda, Deutsche Bahn!

Du hast Dich entschieden, Dein Fahrplanheftchen »Städteverbindungen« nicht mehr kostenlos, sondern gegen eine Gebühr von einem Euro zu vertreiben. Soll uns recht sein. Wir hätten aber einen Vorschlag: Wenn die Hefte auch in Bahnhofsbuchhandlungen verkauft werden sollen, dann sorge doch bitte dafür, daß sie unter »Fantasy« einsortiert werden.
Pünktlich wie die Maurer:

Titanic

Ihre Nachricht, Katharina Hövels,

c/o Münstersche Zeitung, über die Zerstörung eines Blumenkübels vor einem Altenheim im münsterländischen Neuenkirchen hat im Internet rasch die Runde gemacht, und auch wir wollen nicht anstehen, der »Fassungslosigkeit« der Heimbewohner über diesen schlimmen Vorfall unser Mitgefühl auszudrücken.
Aber wenn man Ihre Meldung zu Ende liest (»›Das muß gestern Abend passiert sein. Entlang der gesamten Rheiner Straße, von Dr. Göbbels abwärts, wurden auch noch Mülltonnen umgeworfen‹, sagte Pflegedienstleiter Karsten Westermann am Dienstagmittag. ›Leider hat keiner etwas mitbekommen‹, fügte er noch hinzu«), dann kommt man unweigerlich zu dem Schluß, daß diese Erfahrung für die Heimbewohner nicht nur negativ gewesen sein kann. Denn: Von Dr. Göbbels abwärts hat niemand etwas mitbekommen – das kennen die doch, da fühlen die sich doch gleich wieder jung!

Titanic

Hans-Werner Sinn!

Als prominenter Gesichtspulloverträger und Präsident des Ifo-Wirtschaftsforschungsinstitutes erklärten Sie uns im Hörfunk-Interview ein weiteres Mal die unberechenbaren Kapriolen des Kapitals: »Das Kapital hat mittlerweile Angst, in Länder wie Portugal, Spanien, Irland zu gehen und dort zu investieren. Gut daran ist für uns, daß das Kapital bei uns bleibt. Statt daß wir Geld exportieren, damit andere unsere Autos und Maschinen kaufen, können wir jetzt selbst unsere Autos – äh, Autos haben wir schon genug – und Maschinen kaufen.«
Sinn, das ergibt aber nur dann einen solchen, wenn wir nicht auch schon genug Maschinen haben, oder?
Kleiner Hinweis: An Sprechmaschinen wie Ihnen mangelt’s uns keinesfalls.

Titanic

Durs Grünbein!

Ihr jüngstes Werk (»Aroma. Ein römisches Zeichenbuch«) scheint es in sich zu haben, wenn man der Ankündigung des Verlagshauses Suhrkamp glauben darf: »Einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter der Gegenwart stellt sich in Vers und Prosa der Ewigen Stadt.« Und zwar so: »Aufblühen wird man hier, auch als kraut sich gern überlassen / dem wohligen Phototropismus. Der man im Norden war, / Dieser Eisblock Identität, Psyches Schneemann ist bald zerronnen« usw. usf.; Sie wissen ja selbst am besten, was Ihnen da wieder einmal von irgendwoher in die Feder geflossen ist. Bei aller Bewunderung für die Kühnheit, mit der Sie den zwar nicht wohlklingenden, aber doch »wohligen Phototropismus« in die deutsche Dichtkunst einführen, und bei allem Respekt vor der sportlichen Leistung, sich in Vers und Prosa einer Ewigen Stadt zu stellen, an der sich schon viele Eroberer von ganz anderem Format die Zähne ausgebissen haben – kurzum: Bei aller geheuchelten Hochachtung vor Ihrer lachhaften Großmannssucht läßt uns die Frage nicht los, was Sie als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter der Gegenwart wohl täten, wenn es keine Ewigen Städte zu bedichten gäbe, sondern nur, sagen wir mal: Pritzwalk. Oder Neu-Isenburg. Oder Hamm in Westfalen.
Städten dieses Kleinkalibers – es tut uns leid, Ihnen das so deutlich sagen zu müssen – wären Sie als Dichter nicht gewachsen. Aber dafür – kleiner Trost – können Sie immerhin so possierlich mit Riesengewichten aus Pappmaché jonglieren, daß es für Ihren Lebensunterhalt reicht. Und das ist ja auch was wert.
Weiterhin einen wohligen Phototropismus wünscht

Titanic

Verehrte Nachrichtenagentur AP!

In der Bewertung von Sachverhalten müssen wir ja nicht immer übereinstimmen. Aber semantisch in Ordnung sollten Deine Meldungen doch sein. Bei Meinungsverschiedenheiten auf der Hamburger Schanze schriebst Du kürzlich: »Bei den Krawallen wurden zwölf Beamte von Flaschen getroffen und verletzt.« Das kann schon mal gar nicht stimmen, denn wenn die Demonstranten getroffen haben, dann können sie keine Flaschen sein.
Außerdem wäre ja mal interessant gewesen: Womit haben die eigentlich geworfen?
Immer genug Zielwasser an Bord:

Titanic

Jungministerin Schröder!

Nun durften Sie also den berühmten Focus-Fragebogen ausfüllen und dort erklären, man könne Sie »so schnell in keine Schublade stecken« – was Ihre erstaunlich ausgefallenen Antworten auch beweisen: Sie werden angetrieben von der »Freude, etwas zu gestalten«, sehen gern die »Lindenstraße«, zappen weg bei »langweiligen politischen Talkshows«, und Ihre Lieblingsfigur in der Geschichte ist »Sophie Scholl«. Sie haben recht, Frau Schröder, solche Antworten liegen nicht in irgendeiner Schublade – die bekommt man direkt von der Stange. Aber dann, auf die Frage »Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen?«, sagen Sie doch etwas Interessantes: »Mit Frau Reich-Ranicki, damit ich mich mal richtig mit ihrem Mann unterhalten kann.« Und wissen Sie was, Kristina Schröder? Genau diesen alten Chauvi und cholerischen Mundverbieter wünschen wir uns manchmal ebenfalls herbei, wenn Sie das Wort ergreifen!
Grüße aus der unteren Schublade:

Titanic

Huhu, Julia Roberts!

Allenfalls mäßig originell ist es, daß Sie sich nicht wie andere Prominente mit Kabbala, Pilates oder Scientology beschäftigen, sondern sich laut der amerikanischen Elle »dem hinduistischen Glauben angeschlossen« haben.
»Regelmäßig«, so erfahren wir dort, bewegen Sie also Ihre fünfköpfige Familie zum Singen und Beten zu einem hinduistischen Tempel, um im nächsten Leben »als ein ruhigeres und leiseres Wesen wiedergeboren zu werden«. Das ist zweifelsohne ehrenwert – aber warum warten und nicht einfach gleich zu Hause bleiben und die Schnüß halten?
Simplify your life c/o

Titanic

Nur mal so als Tip, Kik,

mußtest Du wirklich im Privatleben Deiner niederen Angestellten rumschnüffeln, um festzustellen, wer knapp bei Kasse ist? Ein kurzer Blick auf die Gehaltsabrechnungen hätte doch gereicht!
Deine Sparfüchse von der

Titanic

Lieber Christian Wulff!

Wie Sie in den kommenden fünf Jahren Ihre staatstragende Sprechrolle auszufüllen gedenken, deuteten Sie eindrucksvoll mit Ihrem emphatischen Kommentar zur Loveparade-Katastrophe von Duisburg an: »Das Zusammenstehen in der unfaßbaren Katastrophe ist eine eindrucksvolle Erfahrung, auch wenn Leid und Not nur wenig geschmälert werden können. Die Botschaft an die Angehörigen der Toten, Verletzten und an die Region Duisburg ist: In der Not stehen wir zusammen.«
Und zwar eng, verdammt eng! Für unseren Geschmack aber ein bißchen zu eng.
Ihre ansonsten ergebenen Staatsbürger von der

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt